Während meines Bachelor-Projekts wurde ich Mitglied des kleinen Theaterensembles AUFBAU OST der forensischen Psychiatrie des Klinikums Bremen-Ost, das sich zu der Zeit viel mit Masken beschäftigte und die Charaktere ihrer Performances aus Maskenarbeiten entwickelte.
Warum ist die Maske gesellschaftlich als Synonym für Unaufrichtigkeit gebräuchlich, wenn der Maskierte theoretisch schamloser, und damit im Zweifelsfall sogar authentischer agiert? Assoziieren wir Asymmetrie und Mimik der menschlichen Gesichtszüge mit Individualität, so sind wir geneigt in deren optischen Vereinfachung und Normierung der Maske eine Gefahr durch Typisierung zu sehen, die der Individualität im Wege steht. Masken werden häufig als zwischengeschaltete Instanz gesehen, die den Blick auf das nackte, ehrliche Gesicht verdeckt. Doch hat der Mensch für die Maskierung nicht schon allein aufgrund ihrer Schutzfunktion eine natürliche Anfälligkeit oder sogar ein Bedürfnis?
Der Maske stehen diverse unterschiedliche Denkmodelle gegenüber, von denen der griechische Begriff "Prósopon" besonders herausstechend schien. Er beschreibt die Maske als eine Kombination von vermeintlichen Gegensätzen, als Einheit von (dem inneren) Gesicht mir (der äußeren) Maske. Zur Untersuchung dieses Modells entwarf ich eine Reihe von acht Masken zum Thema der sieben Todsünden, wie sie im zweiten Teil von Dante Alighieri's Göttlicher Komödie beschrieben werden, dem Läuterungsberg.
Die sieben Todsünden sind aus Aluminium gefertigt, da die Masken somit etwa das Gewicht eines üblichen Motorradhelms haben und dadurch bewusster getragen werden. Außerdem wurde der Begriff des "läutern" früher in der Metallurgie verwenden, was mir für die Geschichte sehr passend vorkam. Die Maske für den Hauptdarsteller musste sich von den anderen unterscheiden. Dantes Maske stellte ich aus Glas her. Zum einen würde sie seinen Gegenüber reflektieren und zum anderen verzerrt sie seine eigene Erscheinung. Da die Innenseite ein Relief des des Schauspielenden ist und die Außenseite eine sphärische Form hat. Diese Umsetzung sollte die Idee von Prósopon verdeutlichen.